Am 17. September fand im Rahmen des Deutschen Lungentags im HELIOS Klinikum (Lungenklinikum Heckeshorn) ein vom DSV veranstaltetes interdisziplinäres Seminar zum Thema Sarkoidose statt, ich möchte hier kurz davon berichten. Recht gute, öffentliche Textzusammenstellungen zum Thema Sarkoidose können bei der Schweizerischen Sarkoidose-Vereinigung unter 'Arztvorträge' gefunden werden (http://www.sarkoidose.ch), darum gebe ich im Folgenden nur meine persönlich gewichteten Notizen der Vorträge wieder. Teil I: Dr. Nicolas Schönfeld (Pneumologie) gibt einen aktuellen, einführenden Überblick zu Diagnose und Symptomen. - mit steigender Aufklärung scheint auch die Diagnosehäufigkeit bei leichten Symptomen zu steigen (leichtes Hüsteln, etwas Luftnot, nicht deutbare Spannungen im Brustkorb, unspezifischer Kopfschmerz) - zur Diagnose sowie zur Verlaufsbeobachtung Lunge ist fast nie ein CT notwendig (Symmetrie im 2D-Röntgenbild ist sehr spezifisch). CT manchmal um Status der Fibrose zu bestimmen. Und wenn schon CT, dann aufpassen, dass man an moderne Maschinen mit niedrigen Röntgendosen kommt. - bei längerem Verlauf ist die Lunge verhältnismäßig wenig oft betroffen Nase: - Rhinosinusitis überraschend häufig - Symptome: Krustenbildung, Schwellung, Bluten, Mißempfinden. (Artikel aus Am J Med 2010). Herz: - Minimalbefall häufiger als bisher angenommen(?), im MRT sichtbar, öfter nachgeschaut wahrscheinlich aufgrund häufigerer Befragung nach 'Stolperern'. Neuro: - vielgestaltig, darum häufig nicht erkannt. Oft auch kein Granulomnachweis. - häufigste Symptome: Kopfschmerz, Sehstörungen, Gangstörungen, Erbrechen (Studie aus 2009) Allgemeiner Funktionstest: - 6 Minuten Gehtest (siehe Beschreibung durch Jo@chim), auch für Bewertung der Lebensqualität Abgeschlagenheit: - häufigstes Symptom bei der Sarkoidose (Feldstudie aus 2011 in Gen Hosp Psychiatry: 70%), aber nicht unbedingt in medizinischen Meßwerten abgebildet. Ev. relevant bei Kurantrag. Abgrenzung zur Depression per Fragebogen (?). Wann behandeln? (Artikel aus Rev Med Interne 2011) - bei Augenbeteiligung immer - neurologische Erscheinungen ab bereits geringem Funktionsverlust - Herzbeteiligung - Nierenbeteiligung (bei Sarko unspezifische Dichteanhebung im Ultraschall, Kreatinin, Eiweißausscheidung) - Lungenfunktionsverlust - Lupus Pernio - Hyperkalzämie Behandlung (Standard = Prednisolon in Tablettenform): - immer noch offen: beste Anfangsdosis - bei neuerlichem Schub beginnend mit 1/2 Anfangsdosis wie beim vorigen Mal (?) funktioniert oft auch Teil II: Dr. Michael Marker (Pädiatr. Pneumologie) spricht über Gemeinsamkeiten von Asthma und Sarkoidose: - bei Asthma bleibt die allergische Reaktion/Hyperreaktivität auf die Schleimhaut der Atemwege begrenzt, bei Sarkoidose gibts die Reaktion auch im Gewebe mit Granulombildung - bei Sarkoidose Hyperreaktivität der Lungenschleimhaut häufiger als normal (dann auch Granulome in der Bronchien-Schleimhaut) - während man Asthma gut inhalativ behandeln kann (Schleimhaut), funktioniert das bei Sarkoidose nicht - aber allgemein Allergien bei Sarkoidosepatienten nicht überdurchschnittlich häufig Teil III: Dr. Alexander Gerber (Rheumatologie) spricht über Sarkoidose aus der Sicht des Rheumatologen. - warum Rheumatologe am Lungentag: systemische Erkrankung, Gelenke meist Grund zum Rheumatologen zu gehen - erhöhte unspezifische Antikörperproduktion bei Sarkoidose, darum auch erhöhte Eiweißwerte (ohne Nierenschaden) - Möglichkeit einer Prognose? Weniger als 25% entwickeln 2 Jahre nach Erstdiagnose noch weitere Organbeteiligungen (Ausnahme: Auge, Neuro). Prognose aus dem Wissen über typischen Verlauf einzelner initialer Organbeteiligungen, darum Gesamtabklärung bei Erstdiagnose wichtig. - eher chronischer Verlauf bei Lupus Pernio, fortgeschrittene Lungensarkoidose, Befall hintere Regenbogenhaut, Nieren, Nerven - Lupus Pernio oft assoziiert mit Knochen- und Gelenkssarkoidose - spezifische Hautmanifestationen neigen zum chronischen Verlauf - sehr vielseitiger und anschaulicher Vortrag, auch weil mit vielen Bildern erklärt wird Teil IV: Dr. Wim Ammenwerth referiert über die Wichtigkeit der frühzeitigen Mobilisierung schon beim klinischen Aufenthalt. ----------------------------- Was habe ich aus dem Seminar gelernt: 1.) Wissen über Sarkoidose ist im Fluß und Nischenwissen. Drei Vortragende - drei sehr unterschiedliche Tabellen über Organbeteiligungen (Insider können klaro sofort Autor und Erstellungsjahr erkennen). Selbst die Aussagen innerhalb eines Referats ('häufiger als vermutet') passen eher nicht mit der gezeigten Beteiligungsstatistik überein - heißt wohl nichts anderes als dass die aktuellen Erfahrungen manchmal die eigenen Folien überholen. 2.) Wir haben viel über die (Erst-)Diagnose der Sarkoidose gehört, aber nur wenig über mich besonders interssierende therapiebegleitende Verlaufskontrolle (spiegelt die Literatur wieder ?) (Die für mich beste Zusammenfassung einer Verlaufskontrolle scheint mir nach wie vor DocUs Bericht eines Vortrages von Dr. Schweisfurt aus 2008 ). 3.) Ich hab viel Begriffliches gelernt. Speziell der Vortrag von Dr. Gerber war in jeder Hinsicht anschaulich. 4.) Es sind auch in Deutschland einige Untersuchungen und Studien zu Sarkoidose im Gange, etliche davon mit Unterstützung des DSV. Von allen Vortragenden wurden auch respektabel viele Arbeiten aus den letzen beiden Jahren zitiert. 5.) Österreich ist für mich ein weißer Fleck auf der Sarkoidose-Landkarte. 6.) Nicht einmal die Vorgangsweisen bei der Kortison-Anfangsdosierung scheinen mir homogen. Während ich überzeugt bin bisher immer gelesen zu haben, dass man bei jedem Schub eine höher Initialdosis braucht, geht's offenbar laut Dr. Schönfeld auch anders - was mir die Wahl einer passenden Initialdosis noch vager erscheinen läßt. 7.) Mir ist das demografische Problem der Sarkoidosebetroffenen am Beispiel der Seminarbesucher im Hinblick auf Selbsthilfe und Interessensvertretung wieder mal veranschaulicht geworden. 8.) Ohne DSV wäre ich nicht am Seminar gewesen (das es dann gar nicht gegeben hätte) und hätte auch vorher praktisch nichts über Sarkoidose gewußt. 9.) Ohne das sarkoidose-forum würde ich diese Zeilen nicht schreiben. ----------------------------- Was habe ich aus Berlin mitgenommen ? Daran kaue ich noch. LG, Hansi
Hallo HansiHo, vielen Dank für Deine interessante Zusammenfassung! ...da ist ja dann doch ein kleines bisschen Bewegung zu erkennen; allerdings schade, dass dies hier wohl noch immer nicht geklärt ist => "immer noch offen: beste Anfangsdosis" (Behandlung Cortison) .
_______________Gruß OLE
Hallo Hansiho, recht herzlichen Dank für den Bericht. Lieben Gruss
_______________LadyinRed
Interessanter Beitrag, danke für deine Mühe, aber es gibt wirklich noch einige Ungeklärtheiten, aber das wird sicher immer so bleiben.
Zitat: Original von OLE … allerdings schade, dass dies hier wohl noch immer nicht geklärt ist => "immer noch offen: beste Anfangsdosis" (Behandlung Cortison) … Hallo Ole, Ich habe mir mal wieder die Mühe gemacht, meinen Beipackzettel zu Prednison 20 mg ausführlich durchzulesen. Dabei habe ich folgende Angabe zur Dosierung gefunden: Bronchial- und Lungenkrankheiten Lungengewebsverhärtung und Lungenumbau (Lungenfibrose) (DS: b) zur Langzeitbehandlung chronischer Formen der Sarkoidose in den Stadien II und III (bei Atemnot, Husten und Verschlechterung der Lungenfunktionswerte) (DS: b). Erwachsene Dosierung b: mittlere Dosis 40 - 80 mg / Tag 0,5 - 1 mg / KG* / Tag * KG = Körpergewicht Liebe Grüße Joachim
_______________multa cadunt inter calicem supremaque labra (Marcus Porcius Cato Censorius) ‘Zwischen Becher und Mund geht vieles zugrund’
Ich glaube auf das was die Arzneimittelindustrie auf den Beipackzettel schreibt kann man sich am wenigsten verlassen
_______________Gruß! Sarko
Zitat: Original von sarko1711 Ich glaube auf das was die Arzneimittelindustrie auf den Beipackzettel schreibt kann man sich am wenigsten verlassen Hallo Sarko1711, Die Packungsbeilage zu Fertigarzneimitteln ist in § 11 des Arzneimittelgesetzes geregelt. Sie muß wahr sein und darf nichts wesentliches verschweigen. Liebe Grüße Joachim
Hallo, ich habe noch nie so hohe Dosen Cortison bekommen. Nehme momentan 20 mg Methylprednisolon, das sind umgerechnet 25 mg Prednisolon und das bei einem Körpergewicht von 63 kg. Mehr habe ich als Anfangsdosis nie bekommen. Viele Grüße Willma
Hallo HansiHo, danke sehr für deinen interessanten bericht, ich freue mich sehr, dass du daran gedacht hast und uns an deinen notizen teilhaben lässt ! da stehen interessante sachen drin, zum beispiel die häufigkeit der rhinosinusitis find ich bemerkenswert. und dass die lunge bei längerem verlauf relativ wenig betroffen ist, das wusste ich auch noch nicht ,halt nur von mir selber ... ich werd mir jetzt mal die berichte auf der schweizer seite durchlesen, das sieht auch sehr spannend aus. danke für den link ! ganz lieben gruss, liesbeth
Vielen Dank für die Tolle Zusammenfassung Schade das die Ärzte nicht näher auf die Therapie eingegangen sind. Also was alles zu den Begleiterscheinungen gehört und etc. Meine Anfangsdosis war 40mg/d. Innerhalb von 4 Wochen runter auf 30mg/d. Also KG technisch hat der Arzt das nicht angesetzt
_______________Nichts ist jemals einfach!
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